Open Lab3
Works and experiments created at Lab3 question technologies, their aesthetics and socio-cultural contexts. Behind these works one can find a thorough examination of calculating material, algorithms and interfaces. Open Lab3 presents workshop results and provisional arrangements, allowing a look behind the scenes and onto the technologial “subfaces” of contemporary media art.
Im Lab3, dem Labor für Experimentelle Informatik der KHM, entstehen Experimente und Arbeiten, die Technologien, ihre Ästhetik und sozio-kulturellen Kontexte befragen. Hinter diesen Arbeiten steht eine intensive Auseinandersetzung mit rechnendem Material, Algorithmen und Schnittstellen. Open Lab3 zeigt Workshopergebnisse und Provisorien, die einen Blick Hinter die Kulissen und auf diese technologischen „Unterflächen“ zeitgenössischer Medienkunst erlauben.
Unter Beteiligung von Lucas Buschfeld, Jongwon Choi, Johanna Faber, Alexander Gurko, Milan Grajetzki, Volker Helm, Christoph Kilian, Ilias Kyriazis, Jens Mühlhoff, Donghee Nam, Jakob Penca, Lara Plüschke, Alexander Rechberg, Leon Wilmanns, Felix Zilles-Perels
Projekte
Stille Post
Der Lauf der Dinge, ein Kunstfilm von Fischli/Weiss aus dem Jahr 1987, besteht aus einer Reihe von provisorischen Vorrichtungen, die in Form einer Rube-Goldberg-Maschine zusammengeschlossen werden. In der aus Einzelereignissen zusammengesetzten Apparatur bedeutet jedes Ende eines Ereignisses zugleich den Anfang eines neuen. Unterschiedlichste Materialien werden zu einer Kettenreaktion verschaltet, die – einmal in Gang gesetzt – selbsttätig abläuft. Spannung wird durch die Abwechslung schnellen und langsamen Geschehens aufgebaut. Im Idealfall zögert sich das Auslösen eines Ereignisses bis aufs äußerste hinaus und der Betrachter fragt sich immer wieder, ob die Apparatur im nächsten Moment zusammenbricht oder es doch irgendwie weitergeht. Der Film von Fischli/Weiss war Vorbild für das diesjährige Grundlagenseminar Code und Material. Jedoch sollte im Unterschied zum Lauf der Dinge nicht ein Impuls durch die Apparatur wandern, sondern Information. Im Zentrum stand der materielle Aspekt des Informationsbegriffs, die Einprägung von Form in Material: Ein Buchstabe wird zu Beginn in die Apparatur eingegeben und wandert von Station zu Station, wobei er jeweils neu in unterschiedlichste Materialien (wie Druckerschwärze auf Papier, die Bewegung eines Spielzeugschweins oder das Wackeln von Stühlen) codiert wird. Am Ende der Kette steht wieder der Buchstabe – wenn er nicht unterwegs durch die Tücken des Materials in einen Anderen transformiert wurde. Denn bei der so entstandenen „Stillen-Post-Apparatur“ kommt nicht immer das an, was abgeschickt wurde.
Mit Stationen von Alexander Gurko, Christoph Kilian, Ilias Kyriazis, Jens Mühlhoff und Donghee Nam
Knock-Knock Bots
Die „Knock-Knock-Bots“ sind technisch einfache Roboter, die sich über ihre Bewegungen wie tanzende Bienen untereinander wahrnehmen: Piezo-Sensoren detektieren Vibrationen der Oberfläche auf der sie sich befinden. Diese werden anschließend in Bewegungsmuster übersetzt, die wieder neue Vibrationen erzeugen. Es entsteht ein Feedback-System, das auf Umwelteinflüsse reagiert, sich aber auch selbst anregt. Das System stammt als Seminararbeit aus einer Auseinandersetzung mit den Handlungsräumen und Umwelten von Menschen Tieren und Maschinen, die durch unterschiedlichen Wahrnehmungsapparate bestimmt werden.
Ein Projekt von Volker Helm, Christoph Kilian und Alexander Rechberg
Jongwon Choi gibt Einblick in sein laufendes Diplomprojekt „Memory to Memory“. Das Projekt bezieht sich auf aktuelle Möglichkeiten der Vermessung des Selbst und die Ästhetik von Kybernetik und frühen Neurowissenschaften. Mit Hilfe von eines EEG zeichnet Jongwon Choi seine Hirnaktivität auf und überträgt die aufgezeichneten Daten mit Hilfe komplexer technischer Arrangements in materielle Strukturen: Die auf 14 Kanälen aufgezeichneten Hirnströme steuern das Wachstum baumartiger Kristallstrukturen in Eisensulfat. Es entsteht eine selbstorganisierende Skulptur, die an wissenschaftliche Bildwelten wie die von Santiago Ramón y Cajal oder Camillo Golgi erinnert.
Jakob Penca und Leon Willmans experimentieren in einem abgedunkelten Raum mit Irritationen der Wahrnehmung von Bewegung und Geräusch.
Alexander Gurko zeigt den 2-BIT ZÄHLER und den Musikapparat DRIVE_HEADS. Der 2-BIT ZÄHLER ist eine digitale Schaltung deren Funktionsablauf akustisch und visuell wahrgenommen wird. Im Gegensatz zur modernen Digitaltechnik, die auf mit bloßen Sinnen nicht hörbarer und nicht sichtbarer Transistorschaltung basiert, ist Der 2-BIT ZÄHLER mit historischen Telefon Relais gebaut,elektromagnetischen Schaltern, die ein lautes Klackgeräusch produzieren. DRIVE_HEADS ist ein Musikapparat gebaut aus Teilen eines ausgedienten Rechners. Die Hauptplatine des alten Rechners wurde durch eine selbstentwickelte Platine ersetzt. Mit dieser Platine werden die Laufwerke nicht mehr als Datenträger, sondern als Musikinstrumente benutzt.